Das Gästebuch der Christuskirchengemeinde: Ein Platz für Herzensangelegenheiten

Es liegt meist aufgeschlagen am Eingang der Christuskirche – das schlichte Gästebuch, in dem Kirchenbesucher etwas festhalten können: Anliegen, Gebete, Gedichte, Danksagungen. Es werden Hoffnungen und Ängste formuliert, Freude und Begeisterung ausgedrückt. Es enthält kleine Zeichnungen und manchmal große Verzweiflung.

Am meisten zu Herzen gehend ist ein Satz, der nicht datiert und nicht unterschrieben ist und irgendwann im Jahr 2018 eingetragen wurde:  „Ich bin ja so unglücklich“ steht da. Der Verfasser wollte wohl noch weiterschreiben, aber da versagte der Stift. Aber vielleicht hat der Stoßseufzer dennoch den Adressaten erreicht, obwohl er hier nicht genannt ist. Andere Eintragungen sind umfangreicher: „Lieber Gott, bitte tröste meine Tante Uschi, sie ist so allein ohne meinen Onkel. Danke, dass sie gerne hierhin kommt“, ist einige Seiten zuvor zu lesen. Oder: „Lieber Gott, bitte steh uns allen bei, auch der süßen Marie, die so tapfer gegen diese schlimme Krankheit kämpft“.  Und: „Lieber Gott, beschütze unsere Nichte, dass sie nicht sterben muss, sondern mit ihren neugeborenen Zwillingen überlebt“ bittet eine Besucherin 2012. Aber nicht alle Einträge sind so dramatisch,  auch viel Dankbarkeit drückt sich aus. Ein kurzes „Danke für alles“ oder ein ausführlicherer Dank wie „Lieber Gott, ich danke Dir, dass Du meinen Sohn sehr gut beschützt hast, als er seine OP hatte. (…) und dass Du mir Menschen schickst, die mich nicht allein lassen.“ Nicht jeder Dank oder jede Eintragung wendet sich an Gott, auch sein Bodenpersonal wird angesprochen. Es wird gedankt für einen tollen Krabbel-Weihnachtsgottesdienst, ein großartiges Christmas-Classics-Konzert, eine wunderbare Taufe, eine schöne Einschulung oder einen wunderschönen Reformationsgottesdienst.  Auch gute Wünsche für die Mitmenschen werden formuliert und niedergeschrieben. „Lieber Robert, Gottes Segen auf allen Wegen – Dein Papa“ zum Beispiel. Oder: „Hey Oma, du wirst dieses Jahr 90 und ich wollte dir eine Kerze anmachen, damit du noch lange lebst. Ich liebe Dich! (und wir werden uns alle wiedersehen)“.

Und immer wieder werden Bitten formuliert:  „Lieber Gott, bitte erlöse mich und meine Familie“, schreibt ein Junge. Oder : „Lieber Gott, bitte mach, dass meine Eltern wieder zusammenfinden und dass ich in der Schule besser werde“, wünscht sich ein Mädchen. Manche Bitten sind sehr konkret: „Bitte beende den Streit zwischen mir und Josy“.  Oder: „Lieber Gott, hilf uns eine schöne Wohnung zu finden.“ Was hinter der Bitte steckt: „Lieber Gott, Mama soll mich heute holen!“ist schwer zu sagen. Aber bei einer anderen ist das Ziel klar: „Lieber Gott, erfüll einem guten Menschen und seiner Frau nur einen Wunsch – ein Baby.“

Mancher Eintrag ist fremdsprachig – italienisch, englisch oder niederländisch. Mancher lässt sich schwer entziffern. Aber allen ist gemeinsam, dass tiefempfundene Gefühle ausgedrückt werden: Trauer und Angst, aber vor allem Glaube, Hoffnung und Liebe.

Angela Rietdorf