Herbstkonzerte - ein Rückblick
Musikalisch gesehen: ein „heißer Herbst“ in der Johanneskirche! Zuerst füllte das Chorstudio Mönchengladbach unter der souveränen Leitung von Regine Saus zusammen mit der Mönchengladbacherin Harfinistin Rachel Kelz am 6. Oktober die Kirche wie sonst nur ein hoher kirchlicher Feiertag und bot „Klingende Farben“ zu „Farbigen Klängen“ – reichlich Musik von Debussy über Mendelssohn-Bartholdy über Hindemith, Britten und Faure` bis hin zu Kedrow. Musikalisch ein „Indian Summer“, farbenfroh und herzerweichend, erhebend und – und das will was heißen – für den Kritiker eine rundherum gelungene Veranstaltung. Respektive: Konzert. Denn das war es: ohne die so oft störenden Erläuterungen wer was warum geschrieben und vertont hat und „was der Künstler sagen wollte“ – nein: es war Musik pur, in gekonnter Abstimmung zwischen Mensch und Harfe und verdient ein großes Dankeschön an alle Beteiligten! Wer nicht kam (man hätte der Kirche ihre „Ersatzräume“ zuschalten müssen, was unweigerlich zu klanglichen Einbußen geführt hätte), der hat etwas verpaßt!
Ein ähnlicher Eindruck nur knapp eine Woche später am Samstag, den 12. Oktober – sozusagen ein musikalischer „Doppelschlag“: Die „Gospel famlily of Christ“ unter ihrer großartigen Leiterin Angelika Rehaag. Leider war die Kirche nicht ganz so gut gefüllt wie eine Woche zuvor, aber immerhin: Wer zu spät kam, mußte schon sehr genau hingucken, wo noch ein Sitzplatz für ihn frei war. Was ist zu sagen? Die Kirche bebte, die Gemeinde „rockte“ (ein grausiges Wort für das, was wirklich „ablief“ und geschah). Denn: Die Botschaft der Gospelmusik „kam rüber“! Die Sängerinnen und Sänger in wunderschönen Chorgewändern sangen mit ihrem ganzen Körper, waren bis in die einzelnen Muskelfasern hinein „authentisch“, hatten etwas singend zu sagen und rissen ihre Zuhörerschaft zum Mitsingen und –klatschen von den Bänken! Das Ganze atmete einen nicht anders als im besten Sinne „christlich“ zu nennenden Geist und war damit „Auferbauung pur“! Angelika Reehag hatte ihren Chor nicht nur gekonnt im Griff (was bedeutete: jedem so viel Freiheit zu lassen wie er brauchte, um sich in das große Ganze einzufügen), sondern – und das ist hohe Kunst – konnte die gesungenen Texte so wunderbar erläutern, daß es bisweilen an gelungene Kurzpredigten erinnerte. Direkt war die Botschaft von Jesus Christus, ungeschnörkelt und eben (das ist das Wichtigste): glaubhaft. Ein ganz wichtiger Satz aus Rehaags Einführung, (nahezu wörtlich wiedergegeben): „Wir können keine schwarze Musik machen, selbst wenn wir uns Schuhcreme ins Gesicht schmieren würden. Wir können die eigentlich schwarze Gospelmusik nur als Weiße singen. Das setzt Grenzen und befreit.“ – Diese Freiheit, die in der Akzeptanz eigener Grenzen begründet ist, war deutlich zu spüren: Identität als Voraussetzung einer weltweiten geistlichen Gemeinschaft, die in der verkündigenden Musik ihren Ausdruck findet. Es gilt als ausgemacht, daß der Chor noch einmal (einmal?) diesen Geist durch die Mauern der Johanneskirche wehen läßt – und wer spätestens dann nicht kommt, ist nur zu bedauern!
Es lohnt, die Auftritte beider Chöre – ganz gleich, wo sie stattfinden mögen – zu beachten und mehr noch: zu besuchen! Rudolf Wehrda